Rücksprung zum vorherigen Bild
erstellt von Kurt am 12.07.2017 / letzte Änderung am 13.03.2018
Dieser Bericht wurde 385 mal angesehen.
Dieser Bericht beschreibt eine Radreise von Saarbrücken an der Saar bis nach Warburg an der Diemel
Bei dieser Reise haben wir uns Radwege vorgenommen, die nicht so bekannt sind und daher weniger frequentiert werden. Dabei ging es uns nicht darum, einen Radweg von seiner Quelle bis zur Mündung komplett abzufahren, sondern über ein Fluss-Radwege-Netz einen Teil von Deutschland zu durchstreifen. Konnten wir mal nicht direkt von einem Radweg zum anderen fahren, haben wir uns einen Track nach eigenen Bedürfnissen geplant, oder in Belgien den Vennbahn-Radweg benutzt. Insgesamt haben wir bei dieser Reise 800 km und 3.600 hm zurückgelegt. Auf folgenden Fluss-Radwegen waren wir unterwegs:
04.07.17 Anreise von Rosenheim nach Saarbrücken
Wir fuhren mit dem Zug nach Saarbrücken, inclusiv drei Umstiegen.
Vor ein paar Jahren waren wir schon einmal mit dem Rad in der Landeshauptstadt des Saarlandes und wohnten zentrumsnah im preisgünstigen Familienhotel Schlosskrug. Das wählten wir auch diesmal wieder. Wir hatten schon einige Tage vorher reserviert, was sich als positiv heraus stellte, denn es war von Radlern gut frequentiert. Qualität zu günstigen Preisen spricht sich halt herum.
05.07.17 Saarbrücken - Saarburg / 85 km - 156 hm
Nach ruhiger Nacht und gutem Frühstück ging es um 8:15 Uhr los. Heute sollte es heiß werden, da ist die Kühle des Morgens recht angenehm.
Über die vorher geplante Route waren wir bald an der Saar und folgten dem Saar-Radweg. Aufgrund der vielen Staustufen, welche den Fluss schiffbar machen, wirkt das Gewässer wie ein See. Bald kamen wir zu einem Weltkulturerbe, der "Völklinger Hütte". Diese wollten wir eigentlich besichtigen, was aber erst ab 10:00 Uhr möglich war. Da wir schon um 9:15 Uhr dort waren und die Führung etwa zwei Stunden dauert, wollten wir nicht soviel Zeit investieren. Zudem haben wir einen solchen Hütten-Typ vor einigen Jahren in Duisburg besichtigt. Wir fuhren weiter nach Saarlouis und schauten uns die Kasematten an. Diese wurden ursprünglich von den Preußen in den Jahren 1824-1829 als bombensichere Verteidigungsanlagen gebaut. Heute beherbergen sie einen Gastronomiebetrieb nach dem anderen und werden umgangssprachlich als die "längste Theke des Saarlandes" bezeichnet.
In der netten Kleinstadt Merzig legten wir eine Kaffeepause ein und versuchten in Mettlach ein Zimmer zu bekommen. Die Touristinfo war jedoch nicht sonderlich kooperativ und bot uns lediglich an, vor Ort die Hotelliste einzusehen. Das verkniffen wir uns und riefen die Touristinfo in Saarburg (Rheinland-Pfalz) an. Hier war man sofort hilfsbereit und sandte uns per E-Mail mehrere Zimmervorschläge in Saarburg. Wir suchten uns das Passende aus, und die Dame in Saarburg buchte für uns - vielen Dank, das nennen wir perfekten Service.
Bereits einige Kilometer vor der Saarschleife wurde die Landschaft dann richtig schön. Es war unseres Erachtens der schönste Teil vom gefahrenen Saar-Radweg. In Mettlach legten wir einen kurzen Fotostopp ein, dann strampelten wir weiter. Nach dem Ort hatten wir ein paar kleine Steigungen zu meistern, dafür war es aber ein sehr schöner Waldweg. Hier hat sich die Saar, tief eingeschlossen von hohen Bergen ihren Weg durch roten Sandstein gebahnt. Am anderen Saarufer befand sich ein riesiger Steinbruch, wo der rote Stein abgebaut wird.
Die Dame von der Touristinfo hatte uns bei Buchung der Unterkunft darauf aufmerksam gemacht, bei der Schleuse Serrig auf die linke Saarseite zu wechseln, weil wir dann direkt zu der Unterkunft kämen. Das taten wir und wurden mit einem wunderschönen Weg belohnt, wobei der offizielle Saar-Radweg neben der stark befahrenen Bundesstraße B 51 entlang führte. Ab hier gab es wieder einige steile Weinberge am Saarufer, die, wie sich später noch heraus stellte, sich bis zur Moselmündung fortsetzen sollten. Bald hatten wir die Pension Saartal erreicht und wurden vom Hofhund Benni freundlich in Empfang genommen. Die Unterkunft lag nur einen Kilometer von Saarburg entfernt und bot guten Service zu wesentlich günstigeren Preisen als im belebten Stadtzentrum.
06.07.17 Saarburg - Kyll-Radweg - Bitburg / 77 km - 402 hm
Gegen 8:30 Uhr radelten wir los. Um zum offiziellen Radweg zu kommen, hätten wir in Saarburg über der Brücke gemusst. Wir blieben links, da hier die kürzere Entfernung zur Saarmündung angezeigt wurde. An der Schleuse Hamm folgten wir der Beschilderung und überquerten dann doch die Saar, was sich aber, wie wir kurz danach feststellten, als ungünstig erwies. Wir wollten zum Mündungseck, und dies liegt nun mal auf der linken Seite. So kehrten wir um und fuhren wieder auf die für uns "richtige" Seite.
Nach 15 km hatten wir die Mündung erreicht, machten das eine oder andere Bild und fuhren über eine steile Auffahrt auf den Radweg neben der Bundesstraße B 419, um die Saarmündung zu überqueren und unsere Tour rechts der Mosel fortzusetzen.
Das war allerdings eine sehr eintönige Geschichte. Die nächsten 10 km war der kerzengerade Weg eingezwängt zwischen der Mosel links und der stark frequentierten Bundesstraße B 51 auf der rechten Seite. Zudem bestand der Weg auf langen Strecken aus Verbundpflaster, das von den Wurzeln der Bäume zum großen Teil stark verworfen war. Es war nicht angenehm, hier zu fahren.
Wir fuhren heute an Trier vorbei. Dieser Stadt hatten wir uns bei einer anderen Radreise intensiv gewidmet. Wer noch nicht dort war, sollte der ältesten Stadt Deutschlands unbedingt seine Aufmerksamkeit schenken und einen großzügigen Stopp einplanen.
Auf Höhe der Trierer Altstadt wechselten wir dann auf die linke Seite der Mosel. Hier war die Wegführung, auch bedingt durch eine Baustelle nicht so einfach. Andere Reisegruppen ohne Navi taten sich noch schwerer als wir.
Nach ca. 4 km auf einem schönen Weg entlang der Mosel kamen wir in die Hafenanlagen von Trier, die 5 km unseres Weges in Anspruch nahmen. Hier war es alles andere als schön.
Bei dem Ort Ehrang verließen wir den sehr stark von Rad-Reisegruppen frequentierten Mosel-Radweg, und es begann für uns eine neue Etappe - der Kyll-Radweg. Die Kyll mit 127,6 km ist der längste und wasserreichte Fluss der südlichen Eifel und entsteht aus drei kurzen Quellgewässern in der belgischen Region Wallonien, wo wir im späteren Verlauf dieser Radreise noch hinkommen werden.
Jetzt begann ein landschaftlich herrlicher Weg begleitet von der Kyll. Auch hier, wie schon an der Saar herrschte als Gestein wieder roter Sandstein vor. Auf einer Anhöhe kurz vor dem Ort Kordel grüßte die Burgruine Ramstein, in Kordel selbst legten wir im kleinen Ortspark unsere Mittagspause ein.
Fast durchgehend begleitet wird der Kyll-Radweg von der Bahnstrecke. So besteht laut Werbung die Möglichkeit, Teile mit dem Zug zurück zu legen. Das hatten wir natürlich nicht vor, noch nicht. Wenn kleinere Berge der Bahn so ungünstig im Weg waren, gab es einen Tunnel für den Zug und eine bergige Umgehung für die Velos. Hinter der Bahnstation Daufenbach durften wir mit in den Bahntunnel, der Radweg war durch Barriere von Schienen getrennt. Bei den hochsommerlichen Temperaturen war das eine kühle Wohltat.
Ein Schild zeigte an, dass es noch 20 km nach Bitburg sind. Das hatten wir aufgrund eines Fehlers bei der Planung anders berechnet, und so wurden uns etwa 10 km "geschenkt".
War es bisher eher gemütlich entlang der Kyll, so wurde es auf diesem letzten Stück anspruchsvoll. Das Gelände wurde hügliger und erforderte die eine oder andere steile Auffahrt, die durch eine ebensolche nach unten abgerundet wurde.
Seit Kordel hatten wir keine Möglichkeit mehr, unsere langsam knapp werdenden Wasservorräte aufzufrischen. Und vom lebensnotwendigen Nass brauchten wir bei Temperaturen um 36 Grad Einiges. Zudem verwirrte uns noch ein Umleitungsschild des Kyll-Radweges. Es gab aber keine Angaben von wo bis wo und was gesperrt sein sollte. Wir blieben also auf dem Radweg und hofften, dass es keine Sperre gab. Zum Glück kam auch keine. Kurz hinter Huttingen an der Kyll verließen wir den Radweg und nahmen eine schmale Brücke über die Kyll in Richtung Bitburg. Wäre diese gesperrt gewesen, hätten wir ein Problem gehabt.
Es wurden 4 km bis ins Zentrum angezeigt, und die hatten es in sich, denn es ging die gesamte Strecke bergauf. Oben hatten wir 120 hm mehr als am Abzweig. Bei tropischen Temperaturen von bis zu 38 Grad und kaum noch Trinkwasser, war das eine Tortur.
Das Hotel Leander in Bitburg erwies sich als gute Wahl. Man hatte eine kleine Suite im ruhigen, hinteren Teil des Hauses für uns reserviert.
Die Touristinfo war bis 18:00 Uhr geöffnet, und die nette Dame suchte uns durch viele Telefonate eine Bleibe für den nächsten Tag in Gerolstein. Einen solch tollen Service haben wir bisher nur in Rheinland-Pfalz und in unserer Heimat in Bayern vorgefunden - vielen Dank.
Die Stadtbesichtigung hielt sich auch wegen der Hitze in Grenzen, und wir kehrten im Restaurant Zagreb ein, das wir unbedingt weiter empfehlen können.
Wieder im Hotel zurück ging ein schweres Gewitter über Bitburg nieder, was ein wenig Abkühlung brachte. Wir hatten eine nette Unterhaltung mit anderen Radfahrern, die uns einen guten Tipp für die Unterkunft in Monschau gaben.
Auf dem weiteren Verlauf des Kyll-Radweges zwischen unserem Abzweig nach Bitburg bis nach Kyllburg wären zwei sehr unschöne Höhen zu meistern gewesen. Die Wirtsleute vom Hotel gaben uns den Tipp, ab Bitburg nicht wieder gleich auf den Kyll-Radweg hinab zu fahren, sondern die Strecke über die Landstraße nach Kyllburg zu wählen und von dort weiter zu fahren. So haben wir noch schnell eine neue Weg-Variante geplant.
07.07.17 Bitburg - Gerolstein / 45 km - 342 hm
Die neue Wegführung ging nun entlang der kaum befahrenen Landstraßen L32 und L37, hat einige Höhen gespart und uns gleichzeitig noch in den netten Ort Malberg mit seinem gewaltigen Schloss gebracht. In Kyllburg kamen wir dann wieder auf den Kyll-Radweg.
Im Edeka kauften wir uns noch was zu trinken, und dann ging es los.
Kurz hinter Kyllburg durften wir erneut, wie schon am Vortag mit der Bahn in den Tunnel. Wieder zeigte sich das Kylltal von seiner schönsten Seite. Ein großes Bauwerk grüßte am Wegesrand. Es war die Klosterkirche St. Thomas, deren gastronomischer Teil aber wegen einer geschlossenen Veranstaltung nicht zugänglich war.
In Mürlenbach mit seiner, schönen Burg Bertrada sind wir eingekehrt. Mitten in der Kyll gab es einen Springbrunnen, den wohl eine hier ansässige Pumpenfabrik gespendet hat.
Kurz vor Gerolstein auf der anderen Straßenseite tauchte ein Gebäude auf, das an eine kleine Kapelle erinnert. Als wir näher kamen, lasen wir: "Lindenquelle" und fuhren hin. Inmitten von dem Rondell war ein Brunnen und wir probierten. So gutes Quellwasser hatten wir bisher noch nicht getrunken, wenn wir nur an die "Heilquellen" in unserer Heimat oder das fade, heiße Wasser in Karlsbad denken. Es schmeckte leicht säuerlich und war mit natürlicher Kohlensäure versetzt.
Heute hatten wir auch aufgrund der Erfahrungen vom Vortag genügend Wasser dabei. Dieses schütteten wir jedoch fort und füllten unsere Flaschen mit dem einzigartigen Quellwasser. Und dann, nach nur weiteren vier Kilometern erreichten wir Gerolstein mit seinen Dolomit-Felsen. Heute hatten wir nur 46 km zurück gelegt, aber nach den gestrigen Strapazen war das genug und wir mit unserer Leistung zufrieden. Gewohnt haben wir im Gästehaus Schüssler direkt am Kurpark und am Rande der Altstadt.
08.07.17 Gerolstein - Monschau / 62 km - 189 hm
Für den heutigen Tag hatten wir uns gestern ein Zimmer in Monschau gebucht und zwar genau das, was uns die beiden Radler in Bitburg empfohlen hatten. Jedoch war der Vermieter nicht bereit, bis zum Abend am Ankunftstag zu warten und zu hoffen, dass wir kommen. Wir mussten uns also festlegen. Bis Monschau hatten wir 80 km und 500 hm berechnet. Das trauten wir uns aufgrund der Erfahrungen vom Vortag nicht sicher zu. So entschieden wir uns, für die ersten 22 km von Gerolstein nach Jünkerath den Zug zu nehmen.
Da wir erst gegen 8:00 Uhr frühstücken konnten, gingen wir vorher zum nahen Bahnhof und klärten die Modalitäten in Sachen Bahn. Dann deckten wir uns noch an der öffentlichen Helenenquelle im Kurpark mit guten Quellwasser ein. Dieses war noch besser, als die Lindenquelle vom Vortag. Wir konnten dann doch etwas früher frühstücken und waren so rechtzeitig vor der geplanten Abfahrt um 8:56 Uhr am Bahnhof.
Aber, wer hätte es anders von der DB erwartet. Es kam die ernüchternde Durchsage, dass der Zug 30 Minuten Verspätung habe, Grund: Bauarbeiten. Diesmal musste also nicht der standardmäßige Grund: "wegen Verzögerung im Betriebsablauf" herhalten, obwohl das ja immer passt. Irgendwann kam dann der Zug, und es ging los.
Wie schon der Bahnhof in Gerolstein, ist auch das Bauwerk in Jünkerath aus rotem Sandstein mit Schieferdach und eine Augenweide. Ab Jünkerath beginnt eine alte Bahntrasse der Historischen Eisenbahnlinie "Jünkerath-Weywertz". Das hat den Vorteil, dass nur mit max. 3 % Steigung zu rechnen ist. So ging es bis zur belgischen Grenze und somit dem Ende des Kyll-Radweges. Ebenfalls sollen hier die Quellen der Kyll sein, die wir gern gesehen hätten. Leider fehlte jeder Hinweis darauf, und auf unserem Kartenmaterial konnten wir sie auch nicht ausmachen - schade.
Die Strecke war sehr abwechslungsreich mit vielen Blumen und ansprechenden Raststationen, die der vergangenen Bahn-Zeit Rechnung trugen. Der Wechsel der Bundesländer von Rheinland-Pfalz nach Nordrhein-Westfalen als dann auch von Deutschland nach Belgien wurde durch weiße Markierungen auf der Fahrbahn angezeigt.
Fast ohne es zu bemerken waren wir in Belgien. Nur ein kleines Schild machte darauf aufmerksam, und die Weg-Beschilderung war jetzt anders. Die Bezeichnung "RAVel xx km" (xx = Kilometer) zeigte einen Radweg auf einer Bahntrasse (Vennbahn) an, und xx war die Länge in km zum Ende der Trasse. An der belgischen Grenze begann dieser Weg mit 16 km bis zum Ende, dann wechselten wir auf eine andere Linie, die ab hier noch 67 km sein sollte. Diese verließen wir jedoch nach weiteren etwa 15 km, da wir nach Monschau abbogen.
Die gesamte Strecke vom Ende des Kyll-Radweges bis nach Monschau fuhren wir durch belgisches Hoheitsgebiet. Hierbei handelte es sich jedoch um den deutschsprechenden Teil von Belgien. Der Vennbahnradweg ist ein grenzüberschreitender Fernradweg zwischen Deutschland, Belgien und Luxemburg, der auf der Trasse der zur Zeit Preußens entstandenen ehemaligen Vennbahn über rund 130 km von Aachen durch den Naturpark Hohes Venn-Eifel und den Ardennen nach Troisvierges (dt.: Ulflingen) verläuft. Er ist Teil des RAVeL-Netzes (frz.: Réseau Autonome de Voies Lentes), das ein Wegenetz für Wanderer, Reiter und Radfahrer in der belgischen Wallonie ist. (Wikipedia). Neben der geteerten Trasse verliefen auf einem 5 km langen Stück Schienen, auf denen Draisinen unterwegs waren.
In Küchelscheid (B) verließen wir den Trassenweg und bogen nach Monschau ab. Unbemerkt befanden wir uns wieder auf deutschem Boden und kamen an die Rur, die wenige Kilometer von hier in Belgien entspringt. Der Rur-Radweg wird morgen und übermorgen unser Begleiter sein. Der Oberlauf dieses noch jungen Flusses war hier landschaftlich besonders reizvoll.
Jetzt auf einmal wurde es lebhaft. Es traten wahre Menschenmassen, von Bussen angekarrt, auf. Wir hatten unser Tagesziel Monschau erreicht. Die Stadt, eingepresst in das enge Tal der Rur ist eine Augenweide und kommt wie ein Freilichtmuseum daher. Wir hatten eine Unterkunft in einem alten Fachwerkhaus (Bürgerhaus) direkt hoch über der Rur mit herrlichem Blick auf die Altstadt (siehe nebenstehendes Bild).
In der Stadt fand an diesem Wochenende ein Musikfest statt, dem wir gern beiwohnten. Die Band rockte uns sanft in den Schlaf.
09.07.17 Monschau -Düren / 79 km - 521 hm
Heute konnten wir im gemütlichen, aber sehr kleinen Zimmer etwas länger schlafen, denn Frühstück war erst am 8:30 Uhr möglich. Leichter Nebel lag noch über dem Tal, und dann ging es los. Wir hatten uns heute auf eine gemütliche Tour abwärts der Rur eingestellt und Düren als Tagesziel angepeilt. So ging es wie bereits am Vortag idyllisch an der Rur weiter bergab. Lediglich die Wege hatten eine recht grobsteinige Struktur. Mit bepackten Reiserädern war da Vorsicht geboten. Aber die Landschaft entschädigte für alles.
Nach ca. 15 km begann der Rurstausee, der volumenmäßig zweitgrößte Stausee Deutschlands. Wie wir vorher bei Studium der Karte gesehen hatten, führte ein Uferweg fast am ganzen See entlang. Den hatte man leider in einigen Abschnitten nur für die Wanderer reserviert. Wir als Radler wurden immer wieder entlang der Autostraße (auf baulich abgetrenntem Radweg) hoch hinauf geschickt, um dann wieder hinunter brausen zu dürfen. Das kostet mit bepackten Reiserädern wirklich Kraft. Als wir mal versuchten, auf der Fußroute zu fahren, wurden wir mit sehr groben Wegen oder Treppen "bestraft".
Endlich durften auch wir nach unzähligem Bergauf und Bergab wieder den Uferweg benutzen. Dieser war teilweise in einem äußerst schlechtem Zustand, dass er besser für MTBs als für Reiseräder gedacht war. Es war eine unendliche Kurverei entlang des Sees, und wir hatten das Gefühl, das hört gar nicht mehr auf. Über zwei Stunden waren wir so unterwegs.
Dann hatten wir die Staumauer erreicht. Wenn man andere solcher Barrieren, wie z.B. die Edertalsperre oder Möhnetalsperre kennt, sieht es hier wie ein natürlicher Erdwall aus, alles zugewachsen. Wir rauschten fast 100 Meter hinunter und kamen nach einem kleinen Vorstaubecken wieder an den natürlichen und landschaftlich sehr schönen Verlauf der Rur. Die Wegführung um den See hatte uns einige Zeit gekostet und so hielten wir nach einer Bleibe für die Nacht Ausschau. Aber entweder waren die Orte so verschlafen, dass keine Menschenseele zu sehen war oder es tobte das motorisierte Biker-Leben. Das Rurtal ist hier recht steil und eng und bietet Motorradfahrern ein ideales Terrain, um die restliche Welt mit ihrem lauten Geröhre zu nerven. Da wollten wir auf keinen Fall bleiben.
So sind wir dann letztendlich doch in Düren gelandet, ohne die Hilfe der sich dem Kunden verweigernten NRW-Touristinfo, dafür mit einem Buchungsportal, das uns jetzt täglich mit Mails nervt.
Düren wurde im 2. Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht und besteht nur aus langweiliger Nachkriegsarchitektur. Es gibt jedoch viele nette Einkehrmöglichkeiten mit rheinischer Atmosphäre. Gewohnt haben wir im zentral gelegenen "Dürens Posthotel".
10.07.17 Düren - Krefeld / 82 km -175 hm
Heute sollte es nach der gestrigen Wettervorhersage scheußlich sein mit viel Regen. Nachts war es auch nass, aber gegen Morgen nur stark bewölkt und trocken. So beschlossen wir, erst einmal los zu fahren.
Gestern hatten wir unseren Weg wieder einmal umgeplant und würden heute die Rur verlassen. Entgegen der ursprünglichen Planung, bis zur Mündung der Rur in die Maas (NL), entschieden wir uns, in Deutschland zu bleiben und den Ruhr-Radweg, diesmal den mit "h", in Duisburg anzusteuern.
Nach ca. 4 km waren wir dann aus Düren raus und wieder an der Rur. Das Wetter wurde zunehmend besser. Die Ufergefilde der Rur scheinen wohl ein fruchtbarer Lebensraum für wilde Kaninchen zu sein. Wir mussten aufpassen, keins dieser kleinen Geschöpfe zu überfahren. Ca. 15 km nach unserem Start in Düren verließen wir endgültig die Rur und steuerten die grobe Richtung Krefeld/Duisburg an. Jülich lag noch auf dem Weg, jedoch hielten wir hier nicht an.
Das Land ist dünn besiedelt und landwirtschaftlich geprägt. Neben Kartoffeln, Getreide und Zuckerrüben, wird auch viel Gemüse, wie Zwiebeln, Möhren oder Zucchini angebaut. In der Kleinstadt Erkelenz mit seiner netten Innenstadt legten wir am alten Rathaus eine Pause ein. Hier hatten wir bereits die Hälfte der heute geplanten Strecke nach Krefeld geschafft.
Ich hatte während meines Arbeitslebens hin und wieder in Krefeld zu tun, daher wählten wir den Ort. Im Hotel Bayrischer Hof war wieder mal das letzte Zimmer "gerade vergeben" worden und nur noch das Appartement verfügbar, natürlich wesentlich teurer als ein DZ. Erst wollte man 114 Euro haben. Nachdem ich mich über diese Vergabepraktiken beschwerte, einigten wir uns auf 104 Euro. Wir hatten schon zig Hotels erfolglos angerufen, daher wählten wir zähneknirschend diese Bleibe.
Für das Appartement mit guter Innenstadtlage war der Preis zwar ok, aber was nützt es, wenn man zwar drei Zimmer hat, dies aber für eine Nacht sowieso nicht nutzen kann. Die Dame des Hauses war auf jeden Fall sehr nett und äußerst zuvorkommend. Sie besorgte sogar extra koffeinfreien Kaffee einer bekannten Münchner Marke für mich und war sichtlich bemüht, uns den Aufenthalt so angenehm wir möglich zu machen.
11.07.17 Krefeld - Essen-Kettwig / 68 km - 97 hm
Krefeld hat uns nicht sonderlich gefallen. Wir sind zwar abends nach langem Suchen in der Innenstadt ganz nett in einem griechischen Lokal eingekehrt, aber ein typisches Rheinisches Lokal, so wie ich es aus früheren Zeiten in Krefeld kannte, suchten wir vergebens - schade.
Wir hatten uns glücklicherweise einen GPS-Track geplant, denn die Stadt wollte einfach nicht aufhören. Wie schon gesagt, Krefeld ist nicht schön. Die Straßen sind schmutzig, und es liegt viel Müll herum. Nach 9 km kamen wir an den Rhein. Von Weitem am Horizont grüßte Duisburg-Hamborn mit seinen Hütten und Stahlwerken. Wir begleiteten den großen deutschen Strom auf einem schmalen Weg neben der Autostraße.
Kurz vor Rheinhausen, wir hatten uns wieder vom Rhein entfernt, kamen wir am Kruppsee vorbei. Hier war es recht idyllisch, ein schöner Weg, gesäumt von majestätischen Platanen. Dann ging es wieder über unliebsame Straßen durch Wohnsiedlungen. Vor der Rheinbrücke nach Duisburg gab es eine Baustelle, die uns hier den Übergang verwehrte, ausgeschilderte Alternative: Fehlanzeige. Wir benutzten dann den begleitenden Radweg über die etwas nördlichere Autobahnbrücke aufs andere Rheinufer. Das hatte noch den Vorteil, dass wir direkt am Beginn des Ruhr-Radweges ankamen.
Hier spürte man nichts mehr von der Stadt. Immer wieder kamen wir an Schleußen und schauten bei der einen oder anderen dabei zu, wie die Schiffe dem jeweiligen Wasserstand angepasst wurden. Auf weiten Teilen des Ruhr-Radweges erlebt man Natur pur. Es ist kaum vorstellbar, dass sich in unmittelbarer Nähe der größte Ballungsraum Deutschlands befindet.
Ca. 2 km vor Mülheim an der Ruhr schlängelten wir uns durch den Schlosspark von Schloss Styrum. Es stammt aus dem Jahre 1067, gehörte fast 500 Jahre der Familie Limburg-Styrum, wurde 1890 von August Thyssen erworben und gehört heute der Stadt Mülheim. Es beherbergt verschiedene Künstler-Ateliers, eine Gastronomie und eine Altentagungsstätte.
In Mülheim ging es dann durch einen Wasserpark und anschließend am Schloss Broich vorbei. Kurz vor Essen-Kettwig überspannt die Ruhrtalbrücke auf fast zwei Kilometern das Tal. Oben drüber führt die A52.
Vor Kettwig gab es eine Infotafel mit Unterkünften. Wir entschieden uns, in Kettwig einen Kaffee zu trinken und dann weiter nach Werden zu fahren. In Werden angekommen, stellten wir jedoch bei der Tourist-Info fest, dass es hier keine freien Übernachtungskapazitäten mehr gab. Uns wurde empfohlen, entweder mit dem Zug in die City von Essen zu fahren und dort unser Glück zu versuchen, oder wieder zurück nach Kettwig zu strampeln. Die Dame gab sich zumindest ein bisschen Mühe, uns zu helfen aber im Endeffekt fanden wir selbst über Bett und Bike ein Zimmer in Kettwig.
Die Unterkunft Hotel Hennig war eine gute Wahl. In Kettwigs schöner und gemütlichen Altstadt ließen wir den Tag ausklingen. Flugzeugliebhaber sind hier bestens aufgehoben. Im Minutentakt schweben die Riesenvögel fast zum Greifen hier über die Köpfe hinweg, um auf dem nahe gelegenen Düsseldorfer Flughafen zu landen.
12.07.17 Essen-Kettwig - Regenpause
Heute hatte sich die gestrige Vorhersage leider bestätigt und es regnete heftig und fast den ganzen Tag. So beschlossen wir die schöne Ferienwohnung, die uns als DZ vermietet wurde, einen weiteren Tag zu nutzen. Von der netten Gastgeberin wurden wir zum Frühstück bestens versorgt. Die nicht verzehrten Speisen ließ sie uns für den Tag zurück. So nutzten wir die Zeit für organisatorische Zwecke, schrieben an diesem Bericht und buchten die Zimmer für die nächsten zwei Tage.
13.07.17 Essen-Kettwig - Schwerte-Villigst / 86 km - 249 hm
Auch das Frühstück im Hause Hennig ließ heute Morgen keine Wünsche offen. Neben reichhaltigem Angebot an verschiedenen Brotsorten und Belag wurde, wie bereits gestern, ein Obstkorb serviert, der vom Volumen her in manchen gehobeneren Häusern für alle Gäste gedacht ist. Wer also in dieser Gegend ein Zimmer sucht, ist hier bestens aufgehoben.
Das gestrige Wetter hatte sich beruhigt, und schon abends kam die Sonne wieder durch. So war es auch heute Morgen, nur halt wesentlich kühler als die letzten Tage, etwa um die 15 Grad.
Den Weg nach Werden kannten wir nun bestens, da wir ihn vor zwei Tagen schon einmal hin und zurück gefahren waren. Kurz nach Werden kamen wir an den Baldeney-See, eine der vielen gestauten Abschnitte der Ruhr. Dieser und die anderen Seen sind ein ideales Naherholungsgebiet der nördlich gelegenen Großstädte des Ballungsraumes "Ruhrgebiet".
Wir fuhren auf der südlichen Seite um den Baldeneysee. Im Norden grüßte erhaben die "Villa Hügel", die uns jedoch nur ihre Rückseite zeigte. An der Ruhr haben wir, wie sonst bisher nirgendwo, Scharen von Wildgänsen gesehen. Diese bevölkern in riesigen Kolonien die Ruhr oder die umliegenden Wiesen. Ihre
Exkremente scheinen sie jedoch nur auf den Radwegen abzulagern. Es grenzt manchmal an einer wahren Slalomfahrt, um die Räder nicht allzu sehr zu verschmieren.
Der Ruhrradweg hat uns in diesem Abschnitt besonders gut gefallen. Es gab:
Im Zentrum von Schwerte war kein Zimmer zu bekommen, es gibt aber auch nur zwei Hotels im Ortsteil an der Ruhr. So steuerten wir die evangelische Tagungsstätte in Villigst an. Hier werden neben Tagungsteilnehmern auch Tagesgäste beherbergt. Die Übernachtungspreise sind
jedoch nicht ganz so christlich, sondern sehr weltlich orientiert.
Da Schwerte von hier ca. 3 km entfernt war, nahmen wir das Rad. Obwohl hier direkt der Ruhrradweg vorbei führt, waren Fahrräder in der Stadt nicht vorgesehen. Wir ketteten unsere Räder an einen Laternenmast (Radständer: Fehlanzeige) und wurden sofort beschimpft, einen Autoparkplatz zu blockieren.
14.07.17 Schwerte-Villigst - Günne (Möhnesee) / 56 km - 200 hm
Der Ruhrradweg ist in großen Teilen gesäumt von Riesenbärenklau. So imposant und majestätisch diese Pflanze aussieht, so gefährlich ist sie auch. Sie bildet photosensibilisierende Substanzen, die auf der Haut in Verbindung mit Sonnenlicht zu schmerzhaften Quaddeln und Blasen führen.
Auf diesem Radweg sahen wir auch sehr viele Radler mit Gepäck, obwohl die von uns gewählten Unterkünfte relativ frei von Radfahrern waren. Es sind wohl größere Gruppen von Tagesgäste aus den nahen Ballungszentren unterwegs. Und die fahren fast alle mit einem Pedelec. Wir fragten uns manchmal wozu, da der Ruhr-Radweg von der Mündung in Duisburg bis Neheim eigentlich brettlflach ist.
Dass Westfalen bekannt für Pferde ist, bewies diese Gegend recht deutlich. Überall sahen wir großräumige Perdekoppeln. Kühe kamen eher selten vor und waren dann meistens fast weiß. Hin und wieder grasten Schafherden auf den saftigen Ruhrwiesen und, wie schon erwähnt, immer wieder Scharen von wilden Gänsen, die ganze Wiesen bevölkerten.
Industrielle Technik, wie z.B. Bergbau, Maschinenbau oder Schifffahrt braucht Ketten. So wurden diese hier hergestellt. In Frödenberg gibt es noch eine ehemalige Kettenschmiede. Einige überdimensionale Stücke lagen im Park vor dem Gebäude herum. Gleichzeitig war hier eine Außenstelle des Standesamtes untergebracht. Wir fanden das eine gute Idee.
Wir haben im Süden die "Deutsche Alpenstraße", hier gibt es die "Deutsche Alleenstraße". Geradezu majestätische Bäume säumten immer wieder unseren Weg. Teilweise war es, als ob wir durch einen Tunnel von Blättern fahren.
In Neheim mündet die Möhne in die Ruhr. Hier war der Ruhrradweg für uns zu Ende, da unsere Reise weiter entlang von Möhne und Diemel geplant war. Es ist ein ganz netter Ort, wo wir eine Pause einlegten. Die Stadt wird von einer riesigen Backsteinkirche dominiert, einem Dom. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages verabschiedeten sich dann auch und der Himmel zog sich langsam zu. Für den Abend war Regen gemeldet. Wir hatten noch knapp 15 km zu fahren und hofften, diese trocken durchzubringen.
Jetzt ging es weiter auf dem Möhne-Radweg, der anfangs nicht so gut ausgebaut war, wie der Ruhrtalradweg. Nach einem schmalen, noch idyllischen Pfad ging es über einige Kilometer entlang der stark befahrenen Landstraße L745. Dann kam ein sehr schlechter Weg, erst als Saumpfad, dann mit einem Belag aus grobem Schotter, der kaum zu fahren war. Aufgrund der spitzen Steine hatten wir Angst, dass diese unsere Reifen beschädigt werden könnten.
Ein Schild wies auf eine Gedenkstätte hin. Es waren die Grundmauern von dem "Kloster Himmelspforte". Am 17.05.1943 bombardierden englische Flieger die 4 km flussaufwärts gelegene Möhnetalsperre. Die speziell für diesen Angriff entwickelte Bombe riss ein großes Loch in die Sperrmauer und erzeugte eine bis zu 12 Meter hohe Flutwelle, die alles zerstörte, was ihr im Weg lag.
Gegen Abend erreichten wir dann Günne am Möhnesee, wo wir für die Nacht gebucht hatten. Schnell machten wir noch ein Foto der Möhnetalsperre, die zum Greifen nahe lag. Jedoch hatte sich der Himmel schon so verfinstert, dass wir schnell unsere Unterkunft aufsuchten. Die Pension Thiele befindet sich auf einem großen landwirtschaftlichen Anwesen und stellte sich als gute Wahl heraus. Im Ort selbst gab es nur ein Restaurant und keinerlei Einkaufsmöglichkeit. Wir nahmen das Lokal, was zu üppigen Preisen keine gute Kost anbot. Auf unsere Beschwerde hin zeigte man sich zwar großzügig, aber gutes Essen wäre uns lieber gewesen.
15.07.17 Günne (Möhnesee) - Brilon / 58 km - 382 hm
Gestern hatten wir auf einem Flyer zum Möhnesee gelesen, dass es drei Varianten gibt, den See zum umfahren. Aufgrund der heutigen Wetterlage, bedeckt und schlappe 14 Grad entschieden wir uns für die leichteste Strecke, nämlich die Nordroute. Die vorher von uns geplante Südroute durch herrliches Naturschutzgebiet, erwies sich aufgrund der durch den Regen aufgeweichten Wege als nicht so günstig. Und die Panoramaroute hatten wir von vorn herein nicht in Betracht gezogen. Zudem bei der heutigen schlechten Sicht, hätte sie sicherlich ihren Reiz nicht ausspielen können.
Nach nur 2 km und leichter Steigung hatten wir die Dammkrone erreicht. Zur Zeit der Erbauung war der Möhnesee eine technische Meisterleistung und der größte künstliche Stausee Europas. Wir waren heute Morgen die einzigen Gäste hier oben, wo die Strandbars mit einem künstlichen Strand (Sand mit Sonnenliegen) ausgestattet sind. Inzwischen hatte das Wetter gezeigt, dass es noch mehr drauf hat. Es fing bei jetzt nur noch 13 Grad an zu regnen.
Da die Nordroute fast 15 km kürzer als die reguläre Südroute ist, hatten wir bald das Ende des Sees erreicht. Hier begann eine alte Bahntrasse, die einst von Soest nach Brilon führte. Das waren gute Aussichten. Bahntrassen haben nie mehr als 3 %Steigung. Und bis Brilon hatten wir noch einige Höhen zu erklimmen. Der Weg war durchgehend geteert, jedoch leider stark mit Wurzelschäden durchsetzt.
In der Kleinstadt Belecke legten wir eine Kaffeepause ein und wärmten uns in den Gasträumen etwas auf. Anscheinend tat es dem Wetter selbst leid, wie es uns heute strapazierte. Als wir das Lokal verließen waren es mittgas gegen 13:00 Uhr immerhin 17 Grad.
Nach Belecke war der Bahntrassenradweg kurzzeitig beendet und das Gelände wieder mehr durchwachsen, mit zum Teil kräftigen Anstiegen. Dafür führte der jetzt wieder glatte Weg herrlich durch die anmutige Landschaft des Sauerlandes. Die letzten Kilometer vor Brilon ging es dann wieder auf die Bahntrasse. Die Möhne war inzwischen zu einem kleinen Bach geschrumpft, der sich idyllisch durch die Wiesen schlängelte.
In Brilon suchten wir unsere für heute gebuchte Unterkunft auf, luden das Gepäck ab und fuhren zur nur 2 km entfernten Möhnequelle. Da wir die meisten Flussradwege nicht vom Anfang zum Ende bzw. umgekehrt gefahren sind, wollten wir heute sehen, wo die Möhne das Licht der Welt erblickt. Aber das blieb uns verborgen. Der vorgegebene offizielle Track endete irgendwo im Nichts des Dickichts.
Brilon hat uns gut gefallen, viel Fachwerk, mehrere wehrhaft wirkende Kirchen, eine davon mit einem besonders mächtigem Turm. Was den Trumpf der Stadtlage im Hochsauerland zur Winterszeit ausspielt, ist der Nachteil im Sommer. Es war hier arg frisch. Unsere Wirtsleute am Möhnesee sprachen von einem Temperaturunterschied bis zu vier Grad weniger als im Tal.
16.07.17 Brilon - Warburg / 69 km - 547 hm
Brilon liegt sehr hügelig in den Bergen des Hochsauerlandes. Unser Weg bestand heute darin, dieses über den Diemelradweg zu verlassen. Um den zu erreichen, standen uns einige Höhen bevor. So ging es ab dem Briloner Kurpark auch gleich richtig zur Sache. Steigungen an die zwanzig Prozent zwangen uns aus dem Sattel. Dann erreichten wir einen leicht welligen und sehr schönen Waldweg, bevor es ins Tal der Hoppecke (kleiner Bach) steil hinab ging. Nach einer kleinen Ausrollphase waren erneute 135 hm zu bewältigen, diesmal aber bei nur mäßiger, gut fahrbahrer Steigung auf einer wenig befahrenen Landstraße. Es war
auch heute mit nur 16 Grad im Hochsommer recht frisch, was aber die anstrengenden Bergfahrten begünstigte.
Nach ca. 15 km hatten wir dann das Diemeltal erreicht. Bis zur Staumauer war es nur ein knapper Kilometer, und so radelten wir bei mäßiger Steigung dorthin. Der Diemelsee ist wesentlich kleiner als unsere bisher angefahrenen Stauseen Möhne und Rur. Er dient ebenso wie die Edertalsperre zur Regulierung der Wasserstraßen Weser und Mittellandkanal und wird von den zuständigen Wasserbehörden betrieben.
Dann fuhren wir in der geplanten Richtung Fluss abwärts. Der Weg war schön angelegt. Die Diemel plätscherte fröhlich vorbei an Felshängen dahin. So hatten wir es uns vorgestellt, gemütlich entlang der Diemel nach Warburg zu fahren. Was wir bei der Planung im Gesamtprofil des Radweges wohl übersehen hatten, waren einige nicht unerhebliche Anstiege, um z.B. Höhenzüge zu überwinden, wo es keine ufernahen Wege gab. Nach Padberg waren 80 hm zu strampeln, bei einer Steigung von bis zu 23 Prozent. Oben im Ort angekommen, sahen wir das Straßenschild: "Schindergraben". Da war wohl was Wahres dran. Bis nach Marsberg gab es immer wieder Zwischenanstiege, wenn auch nicht so kräftig, wie zuletzt erwähnt. Wer den Diemelradweg fahren möchte, dem sei zu empfehlen, ihn wie wir Fluss abwärts zu radeln. In entgegengesetzter Richtung empfanden wir es als deutlich schwerer. Die herrliche Landschaft entschädigt jedoch für Vieles.
In NRW sind die Radwege rot auf weißem Grund sehr vorbildlich beschildert. Neben der Hauptrichtung des Radweges sind viele Ziele (als Abzweige oder Alternativen) angezeigt und das immer mit der Kilometerangabe. Zweimal auf diesem Abschnitt wurden sie grün auf weißem Grund. Und anstelle der Kilometerangaben gab nur einen Richtungspfeil (kleines rechteckiges Schild mit Pfeil). Wir waren in Hessen. Auch war hier die Wegführung liebloser. In NRW fuhren wir fast immer auf Radwegen, an den Straßen auf einem begleitenden Radweg. Nicht so in Hessen, hier teilten wir uns die Strecke, die Richtungs- und Kilometerangaben mit den Autos - sehr enttäuschend.
Diese Radwege werden von den entprechenden Tourismusverbänden immer hochtrabend beschrieben, wie toll alles ist. Wenn man dann die Wege fährt, stellt sich schnell Ernüchterung ein. So fanden wir auf dem von uns gefahrenen Teilstück erst in Marsberg einen Biergarten, um ein wenig zu pausieren. Auch ist nur in den großen Orten mit einer Unterkunft zu rechnen. Wir kennen es aus vielen anderen Regionen, besonders bei uns im Süden oder in Österreich, wo immer wieder mit Unterkünften und Einkehrmöglichkeiten am Wegesrand geworben wird.
Endlich hatten wir die Hansestadt Warburg erreicht und fanden wie so oft bei dieser Reise eine fantastische Unterkunft mit netten Gastgebern vor. Die Stadt selbst ist eine Augenweide mit grandioser Fachwerk-Architektur.
Da sich das Wetter in den letzten Tagen nur unwesentlich in Richtung Sommer verändert hatte und uns nun schon seit Tagen eine dichte Wolkendecke einhüllte, entschieden wir uns, hier die Reise zu beenden.
Zimmersuche
Bei unseren Radreisen nehmen wir gern die Tourist-Information in Anspruch, da man dort am Besten die Unterkünfte kennt, die den Wünschen des Kunden am Nächsten kommen.
Die Tourist-Infos, die wir in NRW in Anspruch nahmen, verdienen unseres Erachtens durch die Bank weg diesen Namen nicht. Man ist nicht bereit, die nötige Unterstützung bei der Zimmersuche zu geben. Lediglich Telefonnummern werden einem am Telefon genannt. Da kann man dann selbst anrufen, ob was frei ist. Die Nummern und Namen werden am Telefon durchgesagt und man muss sie sich irgendwie notieren. Nur nach langem Zureden bekamen wir mal zwei Telefon-Nummern per SMS gesandt, die aber in keiner Weise Ziel führend waren bzw. unseren vorher gewünschten Kriterien nicht entsprachen. Infos oder gar Buchungen per Mail: Fehlanzeige!
Rheinland-Pfalz verhielt sich sehr kundenfreundlich, suchte für uns Zimmer, sandte uns Angebote per Mail und/oder buchte direkt nach unseren Wünschen. So hatten wir schon lange vor Ankunft am Zielort eine feste Bleibe mit Buchungsbestätigung. Als wir die Damen in NRW darauf ansprachen, bekamen wir nur die schnippische Antwort: "Das machen wir hier nicht!" Wir fragen uns, wozu man denn sonst da ist, vielleicht um sich täglich zum Kaffeekränzchen zu treffen? Da stören natürlich lästige Touristen nur. Nach diesen unschönen Erfahrungen, haben wir nach Krefeld keine weitere dieser Institutionen mehr in Anspruch genommen und unsere Zimmer über andere Portale gesucht. Die touristische Recherche, nach Lage, Ausstattung, Fahrrad-Freundlichkeit usw. lag ebenfalls allein in unserer Hand.
Nachfolgend haben wir die Unterkünfte aufgeführt, wo wir übernachtet haben. Jeder mag andere Maßstäbe anlegen. Daher stellen die Beschreibungen bzw. Wertungen unsere persönliche Meinung dar. Für diejenigen, welche die Reise nachfahren möchten, können sie aber durchaus als Anregung dienen.
Rosenheim, im Juli 2017
Kurt Schmidt
Rücksprung zum vorherigen Bild
Diverse Berichte
Freie Weltkarte
Das Dokument ist zu Ende. Es folgt nur noch die Navigation in der Fußzeile.